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Saturday, September 5, 2020

Brief aus Hongkong: Deutschland darf nicht zur Verletzung von Menschenrechten beitragen - WELT

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In der vergangenen Woche besuchte Chinas Außenminister Wang Yi einige europäische Staaten in der Hoffnung, etwas für Chinas Image tun zu können, das durch Covid-19 gelitten hat. Aber anstatt das Ansehen seines Landes aufzupolieren, scheint Wang alles nur noch schlimmer zu machen.

Er drohte Tschechien in aller Öffentlichkeit, man werde das Land wegen eines Besuchs tschechischer Politiker in Taiwan „einen hohen Preis für kurzsichtiges Verhalten und politischen Opportunismus“ zahlen lassen. So hat Wang erneut Pekings wahres Gesicht enthüllt.

In Wangs Pressekonferenz mit dem deutschen Außenminister Heiko Maas wurde Peking wegen des Hongkong aufgezwungenen Sicherheitsgesetzes und dem Umgang mit der uigurischen Minderheit angeprangert. Viele Hongkonger waren überrascht, dass Maas statt des üblichen Dialogs China aufrief, das Sicherheitsgesetz zurückzuziehen und die Wahlen zum Legislativrat schnellstmöglich zuzulassen.

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Wang Yi in Europa

Außerdem sprach Maas offen über die Menschenrechte in Xinjiang und seine Hoffnung, dass China UN-Beobachter UN in die Region lassen werde. Es macht Mut zu sehen, wie Deutschland die Werte von Demokratie und Freiheit hochhält und sich klar gegen Pekings Menschenrechtsverletzungen positioniert.

Bei gleicher Gelegenheit kündigte Maas außerdem an, dass Deutschland beim deutsch-chinesischen Menschenrechtsdialog nächste Woche die Unterdrückung ethnischer Minderheiten in Xinjiang ansprechen werde. Die freie Welt und alle unterdrückten Völker würden es großartig finden, wenn dieser Dialog zu echten Veränderungen führt, damit das Leben für die Menschen in Ostturkestan, oder Xinjiang auf Chinesisch, Tibet und der Mongolei lebenswerter wird, und sich die Lage in Taiwan und Hongkong nicht weiter verschlechtert.

Auch wenn dieser Dialog ein Zeichen des guten Willens seitens Deutschlands ist, wird Peking wahrscheinlich nicht allzu glücklich mit der Richtung sein, die die Gespräche nehmen sollen. Alle Versuche, China auch nur sanft zu kritisieren oder Veränderungen anzuregen, werden derzeit mit verbalen Angriffen beantwortet; Zweifel an Chinas Ansprüchen werden mit Diffamierung gekontert; das gastgebende Land wird entweder für seinen mangelhaften Umgang mit der Epidemie kritisiert und dafür, dass es China die Schuld zuschiebt, oder es wird mit Sanktionen bedroht.

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Diese Veränderung der diplomatischen Rhetorik deutet auf Pekings Strategie hin, mit nationalistischen Parolen seinen Anspruch auf Dominanz zu bekräftigen und von den drakonischen und ineffizienten Maßnahmen gegen die Pandemie abzulenken. Zugleich wird deutlich, dass Peking der Illusion anhängt, die Welt werde Verletzungen der Menschenrechte und der Grundregeln internationaler Beziehungen tolerieren, weil China ökonomische Vorteile zu bieten hat.

Allerdings beruht die immer wiederholte Behauptung, Deutschland sei „vom chinesischen Markt abhängig“, mehr auf Propaganda als auf der Realität. Chinas Abhängigkeit von Deutschland wird dabei ignoriert. Die nachsichtige Haltung China gegenüber hat nur zu weiteren Drohungen an die Europäer geführt.

Ich hoffe, dass Deutschland weiterhin darauf besteht, dass Peking das Sicherheitsgesetz zurückzieht, Wahlen möglich macht und UN-Beobachter zulässt. Deutschland muss alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, auch jenseits von diplomatischen Gesprächen, um seine Werte zu schützen und nicht indirekt zur Verletzung von Menschenrechten beizutragen.

Dieser Text ist aus der WELT AM SONNTAG. Wir liefern sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.

Quelle: Welt am Sonntag



September 06, 2020 at 10:47AM
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